Lesung mit Nikola Anne Mehlhorn am 14.9.2014

17. September 2014 | n.hasch@backauf.de

Sonntag, 14.9.2014,
Nikola Anne Mehlhorn

Lesung mit Musik im Roten Pavillon

Seit kurzem erst ist die Trilogie „Windschrift-Nord“ der Heidgrabener Autorin im Buchhandel erhältlich – schon waren Ausschnitte daraus in einer ungewöhnlichen Lesung der Autorin Nikola Anne Mehlhorn im Roten Pavillon zu hören. Die „Windschrift Nord ist eine Trilogie, die die drei Erzählungen „Brachmond“ (1998), „Sternwerdungssage“ (2002) und „Salzflut“ (2010) in überarbeiteter Fassung erstmals in einem Buch zusammenführt. Thematisch gehörten die im Norden verorteten Geschichten über die Menschwerdung vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen ohnehin zusammen.

Matthias Wichmann, den wir um
musikalische Begleitung gebeten hatten, hatte es sich nicht nehmen lassen, sich eingehend mit den Texten zu beschäftigen und sich von den teils mystischen, aber auch kraftvollen Wortbildern inspirieren zu lassen. So hatte er drei Lieder für Violine und gezupften E-Bass ausgewählt, bzw. zwei davon sogar eigens für diese Lesung geschrieben. Unterstützt von seiner Lehramtskollegin Katharina Lawrenz an der Geige entstand für die Zuhörer eine einzigartige Melange aus den Lesungen selbst und der musikalischen Umsetzung, die die Worte in musikalische Bilder transponierte.

Nikola Anne Mehlhorn begann mit den ersten Seiten der „Sternwerdungssage“, in dem Liebe infolge eines Todesfalles entsteht, wobei die diabolischen Details des Geliebten ahnen lassen, dass hier kein Glück erwächst. Matthias Wichmann spielte im Anschluss den Song „Hohlräume“ aus der Assoziation, dass diese Liebe und die vermeintliche Nähe zuviel Leere enthält.

Es folgte der Beginn der Erzählung „Brachmond“über die Entwicklung eines kaum gewollten Kindes vom hässlichen Säugling zur Heranwachsenden, die in teils drastischen Wortbildern erzählt wird. Mich hat der Text an Bilder von Hieronymus Bosch erinnert, die doch so düster und prägnant im Kopf bleiben.

Den musikalischen Raum dafür schafften Matthias Wichmann und seine kongeniale Partnerin Katharina Lawrenz mit „The Wistful Ram of Malin More“, welches Assoziationen über die Gedanken eines Deich-Schafbocks wiedergibt, der sein Ende nahen sieht.

Beendet wurde die Lesung mit dem Beginn der Erzählung „Salzflut“ über das Wirken und Leiden einer Pastorin auf Nordstrandischmoor, welche ihren Glauben verloren hat und an der Verderbtheit ihrer menschlichen Umgebung zu ertrinken droht. Auch hier hat Matthias Wichmann Unentrinnbarkeit und Nordseegeruch im „Warftlied“ vertont.

Im anschließenden Gespräch zwischen Autorin und Publikum wurde deutlich, dass die Erzählungen nicht autobiographisch im engeren Sinne sind, dass der Kern guter Erzählungen aber immer auch aus eigenen Erfahrungen und Enttäuschungen schöpft.

Eine tolle Lesung, die aufgrund der engen Verzahnung von Wort und Musik noch lange nachklingt. Die Handvoll Exemplare der „Windschrift Nord“, die Nikola Anne Mehlhorn mitgebracht hatte, waren sofort vergriffen, was für eine Lesung wohl auch ungewöhnlich ist.

Holger Niemann